Madame l’Ambassadeur empfängt die ungarische Dichterin, Übersetzerin und Performerin Kinga Toth als Residentin in der message salon embassy in Zürich.
16. Mai bis 3. Juni 2022
Kinga Toth (Budapest)
Kinga Toth ist eine Nomadin der Kunst, zwischen Sprachen, Orten und Genres. Ihre Lyrik und Texte schreibt die Schriftstellerin in Ungarisch, Deutsch und Englisch. Die Texte sind manchmal auch Collagen oder sind eingearbeitet in Objekte mit gefundenen Materialien. Mehrere Gedichtbände, oftmals mehrsprachig, sind in Deutschland, Österreich, Ungarn und den USA publiziert worden. In ihrer Lyrik und ihren (Audio)-Performances ist Dada ein unverkennbarer Einfluss. Feminismus, Natur und Ökologie, Ressourcen und Heilung, Fürsorge, Liebe, Altruismus und Aktivismus sind wiederkehrende Themen in Kinga Toths Texten. Seit ihrer Landis & Gyr-Residenz 2019 in einem ehemaligen Kloster in Zug, hat sich die Künstlerin mit dem Wesen der handelnden Nonne und der „Nonnenkunst“ aus feministischer Perspektive befasst.
Während drei Wochen wohnt und arbeitet die Künstlerin im 25hours Hotel Langstrasse, bezieht ein Atelier direkt hinter der Bar, mit grosszügiger Aussicht auf die Zuggleise und den Nah- und Fernverkehr. Über den Gleisen erblickt man die neue Genossenschaft Zollstrasse, den Zürcher Kreis 5 und den Milchbuck. Und täglich eine Menschenschlange direkt vor dem Atelierfenster: Unbemerkt von den meisten Stadtbewohnerinnen, Langstrassen-Partypeople und hippen Businessmen der Europaallee spielt sich hier am Robert-Stephenson-Weg, Tag für Tag dasselbe Schauspiel ab. Menschen stehen stundenlang für kostenloses, gespendetes Essen an.
Während der letzten zwei Jahre in der Pandemie hat sich dieses tägliche Ritual etabliert. Schwester Ariane, die stadtbekannte katholische Nonne, welche sich im Langstrassenquartier um Menschen am Rande der Gesellschaft kümmert, hat mit Freiwilligen während dem ersten Lockdown eine Gratis-Essens-Abgabe organisiert. Seit Ausbruch des Krieges in der Ukraine stehen nun täglich bis zu 200 Personen an, warten geduldig viele Stunden, bis Essen und Hygieneartikel verteilt werden. Alles läuft ruhig, respektvoll und höflich ab, Drogenabhängige, Sans Papiers, Rentnerinnen, Asylbewerber, Obdachlose und ukrainischen Frauen mit kleinen Kindern erhalten Früchte, Gemüse, Brot oder abgepacktes gekochtes Essen.
Die Situation vor dem Künstleratelier, die Misere mitten im Wohlstand und die Kriegsflüchtlinge lassen sich nicht ausblenden. Kinga Toth schreibt, sie hämmert in die Tasten der Schreibmaschine, mit Blick auf die ferne Welt der Zuggleise und die Menschenschlange vor dem Fenster.
“ … das ist kein erfundenes gebet kein altes klagelied sandwiches
packe ich eins für dich drei für die anderen in den nachbarsautos
womit wir rüberfahren und die sprache wechseln sprich
russisch mein sohn frag ihn wie es dem anderen geht
was ihm seine mutter eingepackt hat ob er die gleiche schuhgröße hat ….“*
„.. ez már
nem kitalált imádság nem ösi siratóének szendvicset
pakolok egyet neked hármat a másikba a szomszéd
autóba amivel átmegyünk váltjuk a nyelvet beszélj
oroszul fiam kérdezd meg hogy van a másik neki
mit pakolt az anyja ugyanakkora-e a lába mint a tied …“*
*Auschnitt aus „szendvics / beim sandwich“
Zum Abschluss der Residenz von Kinga Toth publiziert message salon embassy ein Zine mit dem in Zürich entstandenen Gedicht „szendvics / beim sandwich “ in Ungarisch und Deutsch.
Zine mit Sandwich
Donnerstag 2. Juni 2022, 18 Uhr
message salon embassy Réception
Köchlistrasse 5, 8004 Zürich
Mit Unterstützung von Stadt Zürich Kultur und 25hours Hotel Langstrasse Zürich.