Die Ausstellung „We Shall Overdraft“ umfasst Skulpturen und Kurzfilme, die in Roy Menachem Markovichs Wohn-/Atelierraum – einer einstürzenden Garage in einem Viertel mit klapprigen Reparaturwerkstätten und Künstlerateliers im Süden von Tel Aviv – konzipiert und gefilmt wurden.
Es entstanden eine Reihe von „Desktop Graves“, kleine Skulpturen aus gefundenen Materialien und Abfällen wie Karton, altem Brot, Plastikteilen, Bruchglas oder Metallstücken. Die prekär zusammengebastelten Objekte dienen als Modelle heroischer Monumente, Denkmäler und Gedenkstätten, wie sie in Israel mit seiner bewegten Geschichte überall, in Parks, an Strassenecken und auf Plätzen anzutreffen sind.
Auch die Videos spielen mit kaschierter Illusion. In kurzen, slapstickartigen Skizzen geschehen unheimliche Dinge: Büsche und Steine bewegen sich von Geisterhand, doch offensichtlich nicht mit ausgefeilter digitaler Videotechnologie. Alles wirkt brüchig, zusammengeflickt und provisorisch. Das liebevoll hergestellte Modell einer Sushi-Bar zerbricht in tausend Stücke, aus einem biederen Büro erwächst ein Dschungel aus Plastikpflanzen und Karton-Steinen.
Im Video „Diamonds Forever“, inszeniert im Stile einer investigativen Fake-Dokumentation, findet der Protagonist, der Künstler selber, in seinem neu bezogenen Atelier glitzernde Steine. Der Künstler, auf der Suche nach Glück und Reichtum und vom Diamanten-Fieber angestachelt, zerstört schliesslich sein Atelier in blinder Gier.
Was ist echt, ist alles Illusion? Die Utopie erweist sich als eine prekäre Kulisse. Das Unvollkommene und Unzulängliche tritt hervor. Zum Moment der Komik und Absurdität schleicht sich ein Gefühl der Traurigkeit und Unausweichlichkeit ein.
Die Videotrilogie „And We Worked“ untersucht die Mechanismen der Dokumentation und Erhaltung der kollektiven Erinnerung an den Holocaust. Die Holocaust-Überlebende Elisaveta, Roys Grossmutter, versucht ihre Geschichte vom Leben im kleinen slowakischen Dorf bis zu den schrecklichen Ereignissen im Konzentrationslager vor der Kamera zu erzählen. Doch die Lebensgeschichte der alten Frau bleibt ungehört und verschwindet hinter der Routine und Institutionalisierung der Erinnerungskultur des israelischen Traumas.
Am Dienstag, 2. Oktober, spricht Roy Menachem Markovich mit der Kunsthistorikerin und Autorin Katarina Holländer über seine aktuelle Ausstellung und das Leben als Künstler in Tel Aviv.
„We Shall Overdraft“ ist Roy Menachem Markovichs (geb. 1979 in Tel Aviv), erste umfassende Einzelausstellung ausserhalb von Israel.