Junge Frauen und Mädchen posieren vor der Kamera. Sie proben die Gesten der Models und hegen vielleicht den Wunsch, selber Model zu werden. Die jungen Frauen schwanken zwischen den aufgezwungenen Bildern und Codes und ihrem noch etwas unsicheren Selbstbild. Sie befinden sich auf dem schmalen Grat zwischen dem Kindsein und dem Frauwerden. Diese berührende Spannung erfasst Ruth Erdt in intuitiver Weise.
Um das von ihr definierte Casting System auf einer weiteren Ebene auszureizen, ist Ruth Erdt im Februar dieses Jahres nach Indien gereist, wo sie zuerst in Bombay, und später auf dem Land im freien Feld, junge Frauen und Mädchen gesucht hat um diese in einer mehr oder weniger improvisierten Studiosituation zu fotografieren. Ruth Erdt hat sich die Frage gestellt, ob das von ihr in Zürich verwendete System in Indien funktionieren würde. Was passiert, wenn die vertrauten Codes und Vorgehensweisen in einem, dem unserem so verschiedenen Kulturraum angewendet werden?
Auf drei Etagen, im grossen Raum der Perla-Mode, im Keller sowie im message salon downtown im ersten Stock, zeigt Ruth Erdt ihre Fotografie als eine mehrteilige Installation, die verschiedene Aspekte des Mediums aufgreift.
So zeigt Ruth Erdt die Fotografie in seiner ursprünglichsten Form, dem Fotogramm. Ruth Erdt hat ein Mädchen direkt auf das Fotopapier gelegt und belichtet. Im Reisebericht und der Dokumentation über ihren Aufenthalt in Indien zeigt sich die Künstlerin als eine Suchende, die sich eine herausfordernde Aufgabe stellt und dabei an Grenzen stösst, die Kamera ist stets mit dabei. Die im Fotostudio entstandenen Bilder wiederum lassen die professionelle Fotografin erkennen, deren Blick den Bildern ihre unverkennbare Handschrift verleiht.